Personen sitzen und machen Notizen in einem Vortrag.

Außerordentliche Mitgliederversammlung – Gründe & Besonderheiten

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Inhaltsverzeichnis

Als Vereinsvorstand sind Sie für vieles zuständig und müssen sich zum Thema Vereinsrecht auskennen. Zu einer Ihrer Aufgaben gehört auch die Einberufung einer außerordentlichen Mitgliederversammlung

Dabei müssen jedoch einige Faktoren in Betracht gezogen werden. Damit Sie keinen Punkt übersehen, haben wir für Sie die wichtigsten Informationen zusammengefasst. Erfahren Sie in diesem Beitrag, welche Gründe es für die Einberufung der außerordentlichen Mitgliederversammlung gibt und wie diese sich von der ordentlichen Mitgliederversammlung unterscheidet.

Das Wichtigste in Kürze

  • Definition und Unterschied: Außerordentliche Mitgliederversammlungen finden außerhalb der turnusmäßigen, ordentlichen Versammlungen statt und sind meist in der Satzung oder Praxis vorgesehen.
  • Einberufungsgründe: Der Vorstand muss eine außerordentliche Versammlung einberufen, wenn dringende Vereinsinteressen bestehen (z. B. handlungsunfähiger Verein, Fusion, Satzungsänderung) oder eine bestimmte Anzahl von Mitgliedern dies verlangt.
  • Minderheitenbegehren: Mindestens 10 % der Mitglieder können eine außerordentliche Versammlung erzwingen; Satzungen können die Quote erhöhen, jedoch maximal auf 50 %, eine Erhöhung über 10 % ist gesetzlich zulässig, aber nicht überschreitbar.
  • Einladung und Durchführung: Der Vorstand muss die Satzungsregelungen zur Einladung, Tagesordnung und Fristen beachten; E-Mail-Einladungen sind nur erlaubt, wenn die Satzung dies zulässt.

Was ist eine außerordentliche Mitgliederversammlung?

Eine Mitgliederversammlung kann ordentlich oder außerordentlich sein. Gesetzlich wird nicht zwischen ordentlicher und außerordentlicher Mitgliederversammlung unterschieden, wohl aber in der Praxis – und auch in vielen Vereinssatzungen.  Ordentliche Mitgliederversammlungen sind jene, die turnusmäßig – meist einmal jährlich – stattfinden. Jede übrige Sitzung, die in der Satzung nicht terminlich festgelegt ist, wird als außerordentliche Mitgliederversammlung bezeichnet. 

Wann müssen Sie eine außerordentlich Mitgliedsversammlung einberufen?

Eine außerordentliche Mitgliederversammlung ist von Ihnen als Vorstand immer dann einzuberufen, wenn das Vereinsinteresse es erfordert (§ 36 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB)) oder wenn eine bestimmte Anzahl von Mitgliedern es verlangt. 

Das Vereinsinteresse kann eine außerordentliche Mitgliederversammlung zum Beispiel erforderlich machen, wenn der Verein durch Tod oder Rücktritt von Vereinsmitgliedern nicht mehr handlungsfähig ist oder dringende Beschlüsse gefasst werden müssen, die keinen Aufschub dulden. Eine außerordentliche Mitgliederversammlung kann weiterhin einberufen werden, wenn wichtige Entscheidungen durch die Mitglieder genehmigt werden müssen, wie z.B. die Auflösung des Vereins oder die Fusion mit einem anderen Verein. Weitere Gründe für die Einberufung der Mitgliederversammlung können Änderungen in der Vereinssatzung, die Erhöhung der Mitgliedsbeiträge oder finanzielle Entscheidungen sein.

Eine außerordentliche Mitgliederversammlung müssen Sie auch einberufen, wenn:

  • der Antrag schriftlich gestellt wurde;
  • der Antrag von der erforderlichen Anzahl der Mitglieder unterschrieben ist;
  • der Zweck der Einberufung angegeben wird;
  • der Grund für die Einberufung genannt wird;
  • der Antrag so erfolgt, dass eine Einladung innerhalb der Ladungsfristen möglich ist.

Welche Rolle spielt die 10% Regelung?

Bauarbeiter sind in einem Haus, das renoviert wird. Jetzt erfahren Sie, welche Rolle die 10-Prozent-Regelung bei außerordentlichen Mitgliederversammlungen spielt.

(Quelle: © Milivoj Kuhar / Unsplash)

Außerordentliche Mitgliederversammlung: 10‑%‑Regel und Satzungsvorgaben

Die Einberufung einer außerordentlichen Mitgliederversammlung durch eine bestimmte Anzahl von Mitgliedern richtet sich nach § 37 BGB. Es bestehen zwei Szenarien:

  1. Ihre Satzung enthält keine Regelung hierzu -> in diesem Fall reicht es, wenn 10 % der Mitglieder den entsprechenden Antrag stellen.
  2. Ihre Satzung enthält eine Regelung -> in diesem Fall kann von den 10% abgewichen werden. So kann dort beispielsweise geregelt sein, dass mindestens 1/3 der Mitglieder ein solches Begehren unterstützen müssen.

Praxisbeispiel

Im Verein fordern 10 Mitglieder eine außerordentliche Mitgliederversammlung. Die Satzung enthält keine Bestimmung zum Minderheitenbegehren. Zum Zeitpunkt des Antrags zählt der Verein 80 Mitglieder. Damit greift automatisch die gesetzliche 10-%-Regelung. Es hätten also schon 8 Mitglieder ausgereicht, um die Versammlung zu erzwingen. Der Vorstand muss dem Begehren daher nachgehen.

Wichtiger Hinweis

Berücksichtigt wird übrigens der gesamte Mitgliederbestand. Dazu gehören neben den aktiven Vereinsmitgliedern auch alle sonstigen Mitglieder, die an einer Mitgliederversammlung teilnehmen dürfen. Ein Stimmrecht ist nicht erforderlich!  Dies gilt auch für die Ehrenmitglieder!

Tipp

Die gesetzliche 10-%-Regelung macht es gerade für besonders streitlustige Mitglieder einfach, eine außerordentliche Mitgliederversammlung einzufordern. Nutzen Sie daher die Möglichkeit, mit Hilfe der Satzung die Hürde anzuheben – allerdings nur bis maximal 50 %.

Unsere Redaktion hat folgende Leserfrage erhalten:

„Wir wollen eine Grenze, ab der Mitglieder eine außerordentliche Mitgliederversammlung einfordern können, auf 60 % der Mitglieder festlegen. Ist das möglich?“

Günter Stein, langjähriger Vereinsrechtsexperte:

Nein, das geht nicht. Nach § 37 BGB können bereits 10 % der Mitglieder eine außerordentliche Mitgliederversammlung verlangen. Dieses Minderheitenrecht darf durch die Satzung nicht verschärft werden – eine Quote von 60 % wäre also unzulässig. Zulässig ist nur eine niedrigere Hürde, solange die Rechte der Minderheit gewahrt bleiben, etwa wenn schon 5 % der Mitglieder eine Versammlung beantragen können.

Für die Berechnung ist immer die Mitgliederzahl zum Zeitpunkt des Eingangs des Antrags maßgeblich. Besonderheit: Auch jugendliche Mitglieder dürfen ein Minderheitenbegehren mitunterschreiben, allerdings nur mit Einverständnis der Eltern, sofern ihnen das Stimmrecht zugesprochen wurde.

Wie lädt man zu einer außerordentlichen Mitgliederversammlung ein?

Wenn Sie zur außerordentlichen Mitgliederversammlung einladen, sind Sie als Vorstand an die Satzungsregelungen gebunden – es gelten also dieselben Bestimmungen wie bei der Einladung zur ordentlichen Versammlung. Wenn die Satzung es erlaubt, können die Einladungen auch per E-Mail geschickt werden. Wenn Sie jedoch via E-Mail einladen möchten und in der Satzung bestimmt ist, dass die Einladung per Brief erfolgen soll, muss eine Satzungsänderung erfolgen. Zudem müssen die Tagesordnung, Tagesordnungspunkte sowie die vorgesehenen Fristen beachtet werden.

Weiterführende Informationen zur Tagesordnung bei einer außerordentlichen Mitgliederversammlung erfahren Sie von unserem Vereinsexperten Günter Stein.

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FAQ: Außerordentlichen Mitgliederversammlung

Eine außerordentliche Mitgliederversammlung ist jede Sitzung der Vereinsmitglieder, die nicht terminlich in der Satzung festgelegt ist – im Gegensatz zu der ordentlichen Mitgliederversammlung, die normalerweise einmal pro Jahr stattfindet.
Eine außerordentliche Mitgliederversammlung muss einberufen werden, wenn der Verein nicht mehr handlungsfähig ist (z. B. weil ein Mitglied ausgetreten oder gestorben ist) oder man dringende Beschlüsse fassen muss. Zudem muss sie auch einberufen werden, wenn die Mitglieder den Antrag schriftlich stellen, den Zweck und Grund der Einberufung nennen, die erforderliche Anzahl der Mitglieder den Antrag unterschreibt und es möglich ist, die Einladung innerhalb der Ladungsfristen zu verschicken.
Es gibt keine Frist, die beim Einberufen einer Mitgliederversammlung beachtet werden muss. Grundsätzlich gilt, dass diese so früh wie möglich erfolgen muss, sodass alle Mitglieder die Möglichkeit haben, den Termin wahrzunehmen.