Betreuer-Auswahl: So schützen Sie sich als Vorstand vor möglichen Haftungsfolgen

Betreuer-Auswahl: So schützen Sie sich als Vorstand vor möglichen Haftungsfolgen

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Der Fall ging durch die gesamte Presse: Orkanartige Stürme fegten am 1. August 2017 über den Schwarzwald, ein 30 Meter hoher Baum stürzte um und traf mehrere Jugendliche in einem Zeltlager. Ein Junge starb, drei weitere wurden verletzt. Der Wetterdienst hatte vor Unwettern gewarnt. So furchtbar und tragisch dieses Unglück ist, es wirft wichtige Fragen auf, die Sie und die Betreuer in Ihrem Verein betreffen.



Derzeit untersuchen Polizei und Staatsanwaltschaft, ob die für die Ferienfreizeit eingesetzten Betreuer ein Mitverschulden trifft. Schließlich hatte der Wetterdienst vor Unwettern gewarnt. Handelten die Betreuer also grob fahrlässig, als sie die Jugendlichen trotzdem im Zelt schlafen ließen? Und wie können Sie ausschließen, dass die von Ihrem Verein eingesetzten Übungsleiter und Betreuer keine Fehler bei der Aufsichtspflicht machen?

Die gesetzliche Regelung



Dreh- und Angelpunkt ist § 832 des Bürgerlichen Gesetzbuchs (BGB). Dort ist geregelt, dass derjenige, der beispielsweise bei einer Sportveranstaltung oder einem Jugendcamp die Aufsichtspflicht von den Eltern übernimmt, für das Kind sorgen muss und für Schäden haftet, wenn er seiner Aufsichtspflicht nicht nachkommt. Das gilt übrigens auch für Schäden, die das Kind anderen zufügt und eine Aufsichtspflichtverletzung zugrunde liegt. Im konkreten Fall bedeutet das:

  • Bei einer Freizeit mit Minderjährigen müssen sich Betreuer beispielsweise über die Wetterlage informieren.
  • Sind schwere Unwetter angesagt, haben sie Schutzmaßnahmen zu ergreifen, beispielsweise indem sie mit den Jugendlichen eine Schutzhütte aufsuchen oder sich sonst wie in Sicherheit bringen, bis das Unwetter vorüber ist.
  • Ignorieren sie diese Gefahr bewusst, handeln sie grob fahrlässig und haften.



Zwar mag in diesem Fall die Vereinshaftpflichtversicherung

für entstandene materielle Schäden usw. aufkommen, aber sie wird versuchen, sich am Betreuer oder Verein schadlos zu halten. Gleiches gilt, wenn der Betreuer sogar vorsätzlich handelt, die ihm anvertrauten Kinder also bewusst in Gefahr bringt, wohlwissend, dass das Ganze ein böses Ende nehmen kann.

Vorsicht, Falle!



Entgegen der landläufigen Meinung ist im Gesetz nicht ausdrücklich geregelt, was alles zum Umfang der Aufsichtspflicht gehört. Das Gesetz gibt also keine Antwort auf die Frage, wann eine Aufsichtspflichtverletzung vorliegt. Das Gesetz regelt lediglich die Rechtsfolgen (insbesondere in §§ 823, 832 und 847 BGB), also die Frage: Was passiert, wenn es zu einer Aufsichtspflichtverletzung gekommen ist?



Dies ist aber für die Aufsichtsführenden nicht unbedingt nachteilig. Denn Sie haben so im Falle eines Falles Spielraum bei der Argumentation zur Abwehr von Ansprüchen wegen einer Aufsichtspflichtverletzung. Die Kehrseite der Medaille: Sie erfahren in der Regel durch ein Urteil erst dann, ob eine Aufsichtspflichtverletzung vorgelegen hat, wenn das Kind im wahrsten Sinne des Wortes bereits in den Brunnen gefallen ist.



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Aufsichtspflicht: Was bedeutet das konkret für Ihren Verein?



„Wer Jugendarbeit macht, steht mit einem Bein im Gefängnis“, so lautet ein weit verbreitetes Vorurteil. Das Vorurteil hat zwar einen kleinen wahren Kern, ist aber so allgemein natürlich nicht zutreffend. In der Tat stehen Ihr Verein und seine Betreuer aber in einem Spannungsfeld:

  • Auf der einen Seite müssen Sie an die Aufsichtspflicht und die Haftungsvermeidung denken.
  • Auf der anderen Seite möchten Sie es Kindern und Jugendlichen aber auch ermöglichen, eigene Erfahrungen zu sammeln



Gerade der zweite Punkt ist ein wichtiger Bestandteil der Jugendarbeit in Vereinen. Dies sehen glücklicherweise auch Gerichte bei ihren Entscheidungen zum Thema „Aufsichtspflichtverletzung“ so.

Aufsichtspflicht besteht in erster Linie gegenüber Minderjährigen



Eine Aufsichtspflicht und damit eine Aufsichtspflichtverletzung kommt in erster Linie gegenüber minderjährigen Personen in Frage. Gegenüber Erwachsenen ist eine Aufsichtspflicht allenfalls denkbar, wenn eine Betreuung (früher Vormundschaft) angeordnet worden wäre.

Dabei gilt:

  1. Die Aufsichtspflichtigen haben dafür zu sorgen, dass die ihnen anvertrauten Kinder und Jugendlichen während dieser Zeit nicht zu Schaden kommen. Neben körperlichen Schäden kommen hier auch geistige, sittliche oder seelische Schäden in Frage. Auch vor Sachschäden sind die ihnen anvertrauten Kinder und Jugendlichen zu schützen. Schließlich spielt es auch keine Rolle, ob sich die Kinder/Jugendlichen den Schaden selbst zufügen oder ob dies durch Dritte geschieht.
  1. Die Aufsichtspflichtigen haben weiter dafür zu sorgen, dass die ihnen anvertrauten Kinder und Jugendlichen ihrerseits auch keine Schäden anrichten.
Ihre Aufgabe als Vereinsvorsitzender



Zu Ihren Aufgaben als Vereinsvorsitzender gehört es, den Vereinsbetrieb so zu organisieren, dass die Ihrem Verein anvertrauten Kinder und Jugendlichen vor Gefahren und Schäden ausreichend geschützt sind. Ganz wichtig hierbei: Sorgen Sie für eine ausreichende Betreuung!

Denn im Rahmen der Organisation der Aufsichtspflichten ist Ihr Verein auch dafür verantwortlich, dass eine ausreichende Anzahl von Betreuern eingesetzt wird. Es gibt allerdings keinen gesetzlichen Schlüssel dafür, bei welchen Maß- nahmen und Veranstaltungen wie viele Betreuer einzusetzen sind. Es kommt vielmehr immer auf den Einzelfall an. Von verschiedenen Organisationen, die Jugendarbeit betreiben, wird der Betreuungsschlüssel oben empfohlen.



Mein Tipp:

Fragen Sie die eingesetzten Betreuer nach jeder Maßnahme, ob eine ausreichende Betreuung und Aufsicht möglich war. Nehmen Sie diese Hinweise ernst und reagieren Sie darauf. Das Gleiche gilt, wenn Betreuer von sich aus an Sie herantreten und darauf hinweisen, dass der Betreuerschlüssel zu gering ist.



Zugleich ist es sinnvoll, die ausgewählten Betreuer frühzeitig in Erster Hilfe zu schulen. Denn ungeachtet der Aufsichtspflicht ist es umso wichtiger, bei Unfällen schnell zu handeln und sich um die Verletzungen zu kümmern. Sichern Sie sich daher den kostenlosen Ratgeber “Erste Hilfe leisten” und verteilen Sie diesen an die betreuenden Aufsichtspersonen.

Inhalt von Aufsichtspflichten im Detail



Der genaue Umfang der Pflichten eines Betreuers ist jeweils von den konkreten Umständen des Einzelfalls abhängig. Eine entscheidende Rolle dabei spielen das Alter der zu betreuenden Kinder und Jugendlichen, deren bisheriger Erfahrungsschatz und das der konkreten Situation innewohnende Risiko.



Die Aufsichtspflichten über eine Gruppe von 17-jährigen Jugendlichen während einer Turnierteilnahme sind so zum Beispiel komplett andere als die Aufsichtspflichten über eine Gruppe von siebenjährigen Kindern während einer Ferienfreizeit. Die Rechtsprechung sieht üblicherweise vier Hauptpflichten für Betreuer vor:

  1. Pflicht zur Information
  1. Pflicht zur Vermeidung von Gefahrenquellen
  1. Pflicht zur Warnung vor Gefahren
  1. Pflicht, die Aufsicht auszuführen



Wenn diese beachtet werden, sind Sie so weit wie möglich auf der sicheren Seite.



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