Wann kann ein Verein verboten werden?
In diesem Jahr gibt es viele prominente Neu-Fünfziger: Brad Pitt, Jürgen Klinsmann, Günter Stein, Henry Maske, Dan Brown, Jens Weißflog, Toni Polster und …. heute auf den Tag genau, das am 5. August 1964 vom Bundestag verabschiedete Vereinsgesetz.
Dieses Gesetz ist allerdings, anders als sein Namen vermuten lässt, kein Vereinsförderungsgesetz, wie zum Beispiel das „Gesetz zur Stärkung des Ehrenamtes“ aus dem Jahr 2013. Der Regelungsinhalt des Vereinsgesetzes beschränkt sich in erster Linie auf Möglichkeiten zum Verbot von Vereinen. So regelt es unter anderem, dass allein der Bundesinnenminister bzw. die Landesinnenminister Vereine verbieten dürfen.
Immer dann, wenn die Zwecke des Vereins gegen
- deutsches (Straf-)Recht verstoßen;
- die verfassungsgemäße Ordnung und hier insbesondere gegen den
- Gedanken der Völkerverständigung.
Das Vereinsgesetz greift zudem weiter als der „Vereinsbegriff“ im Bürgerlichen Gesetzbuch. Vereine im Sinne des Vereinsgesetzes sind nämlich alle Vereinigungen juristischer oder natürlicher Personen, die sich zu einem gemeinsamen Zweck freiwillig zusammengeschlossen haben. Seit 2001 (in diesem Jahr wurde das Vereinsgesetz erstmals geändert) zählen auch Religionsgemeinschaften hinzu.
Dass sich manche Vereine mit dem Thema Religion schwer tun, zeigt ein aktueller Fall aus der vergangenen Woche, der für Schlagzeilen in der BILD-Zeitung, aber nicht nur dort, gesorgt hat.
Was ist passiert?
Im katholischen Schützenverein von Werl ist ein Muslim Schützenkönig geworden. Für den Verein keine große Sache, aber: der Dachverband, der „Bund historischer Schützenbruderschaften” (BHDS) intervenierte – und der Schützenkönig wurde abgesetzt.
Die katholische Nachrichtenagentur KNA zitiert Vorstandssprecher Rolf Nieborg mit den Worten: „Wir sind ein katholischer Verband, der laut Statut im Sinne der Ökumene auch andere Christen aufnimmt, aber eben keine Muslime, ansonsten verlieren wir unseren Status als katholischer Verband nach kanonischem Recht.“
Der Verband fährt harte Geschütze gegen den Verein auf. Sinngemäß: Die lesen ihre eigene Satzung nicht. Schließlich heiße es in Paragraph zwei, dass die Bruderschaft eine „Vereinigung von christlichen Menschen ist“.
Was ist denn dieses „kanonische Recht“, auf das sich der Verband beruft? Es ist unter anderem das Kirchenrecht der römisch-katholischen Kirche, also kein „weltliches Recht“.
Über Religion und Politik soll man bekanntlich nicht streiten. Vereinsrechtlich ist die Sache klar: Ja, Vereine dürfen die Mitgliedschaft von der Erfüllung bestimmter Kriterien abhängig machen. Dazu zählt auch die Zugehörigkeit zu einer bestimmten Religionsgemeinschaft. Und ja, kein muslimischer Verein käme auf die Idee, einen Christen aufzunehmen. Trotzdem halte ich die Reaktion des Verbandes für überzogen – und die Haltung für absolut nicht zeitgemäß.
Es geht bei diesem Verein nicht um spezielle religiöse Werte, es geht um das Ausüben des Schießsports. Also: ein wenig mehr Toleranz und Offenheit bitte. Denn auch für Vereine gilt das „Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz“. Und einen sachlichen Grund dafür, ausgerechnet hier bestimmte Mitglieder aus einem Verein auszuschließen, sehe ich im 21. Jahrhundert nicht mehr …
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