Als Vereinsvorstand sind Sie für vieles zuständig und müssen sich zum Thema Vereinsrecht auskennen. Zu einer Ihrer Aufgaben gehört auch die Einberufung einer außerordentlichen Mitgliederversammlung.
Dabei müssen jedoch einige Faktoren in Betracht gezogen werden. Damit nichts ausgelassen wird, haben wir für Sie die wichtigsten Informationen zusammengefasst.
Wie kann eine Mitgliedsversammlung sein?
Eine Mitgliederversammlung kann ordentlich oder außerordentlich sein. Gesetzlich wird nicht zwischen ordentlicher und außerordentlicher Mitgliederversammlung unterschieden, wohl aber in der Praxis – und auch in vielen Vereinssatzungen.
Ordentliche Mitgliedsversammlung
Sind jene, die turnusmäßig – meist einmal jährlich – stattfinden. Jede übrige Sitzung, die in der Satzung nicht terminlich festgelegt ist, wird als außerordentliche Mitgliederversammlung bezeichnet.
Wie steht es mit der Mitgliedsversammlung in der Corona-Pandemie?
In Zeiten der Corona-Pandemie stellen sich viele Vereine die Frage, ob die anstehende jährliche Mitgliederversammlung auch digital bzw. online stattfinden kann.
Die Antwort lautet: Ja, es ist möglich!
Der Bundesrat hat Ende März 2020 nämlich Sonderregelungen für Vereine beschlossen, wodurch kein Verein befürchten muss, handlungsunfähig zu werden. Zudem können die Vorstände weiterhin wichtige und erforderliche Entscheidungen durch Online-Mitgliederversammlungen herbeiführen (ihre Beschlussfähigkeit bleibt also bestehen).
Diese Sonderregelungen besagen, dass
- die Online-Mitgliederversammlung der Präsenzversammlung gleichgestellt wird, auch wenn die Satzung dazu keine Regelung enthält,
- Vereinsmitglieder ihre Stimmen vor der Präsenz- oder Online-Mitgliederversammlung bereits schriftlich abgeben können und somit nicht an der Versammlung teilnehmen müssen.
Was die Einladung zur Mitgliederversammlung angeht, müssen die Mitglieder immer noch schriftlich eingeladen werden. Zudem müssen die Tagesordnung, Tagesordnungspunkte sowie die vorgesehenen Fristen beachtet werden. Wenn die Satzung es erlaubt, können die Einladungen auch per E-Mail geschickt werden.
Mehr zum Thema Online-Mitgliederversammlung finden Sie in diesem Beitrag.
Wann müssen Sie eine außerordentlich Mitgliedsversammlung einberufen?
Eine außerordentliche Mitgliederversammlung ist von Ihnen als Vorstand immer dann einzuberufen, wenn das Vereinsinteresse es erfordert (§ 36 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB)) oder wenn eine bestimmte Anzahl von Mitgliedern es verlangt.
Das Vereinsinteresse kann eine außerordentliche Mitgliederversammlung zum Beispiel erforderlich machen, wenn der Verein durch Tod oder Rücktritt von Vereinsmitgliedern nicht mehr handlungsfähig ist oder dringende Beschlüsse gefasst werden müssen, die keinen Aufschub dulden.
Eine außerordentliche Mitgliederversammlung müssen Sie auch einberufen, wenn:
- der Antrag schriftlich gestellt wurde;
- der Antrag von der erforderlichen Anzahl der Mitglieder unterschrieben ist;
- der Zweck der Einberufung angegeben wird;
- der Grund für die Einberufung genannt wird;
- der Antrag so erfolgt, dass eine Einladung innerhalb der Ladungsfristen möglich ist.
Welche Rolle spielt die 10% Reglung?

(Quelle: © Milivoj Kuhar / Unsplash)
Beispiel:
Durch einen Sturm wurden die Vereinsanlagen in erheblichem Umfang beschädigt. Da die Versicherung bei weitem nicht alle Schäden deckt, soll eine Umlage beschlossen werden, damit die Renovierung zügig in Angriff genommen und das Vereinsleben bald wieder aufgenommen werden kann.
Wie verhält es sich mit der „bestimmten Anzahl von Mitgliedern“, die eine außerordentliche Mitgliederversammlung erzwingen können?
Dies ist in § 37 BGB geregelt. Hierzu gibt es zwei Möglichkeiten:
- Ihre Satzung enthält keine Regelung hierzu -> in diesem Fall reicht es, wenn 10 % der Mitglieder den entsprechenden Antrag stellen.
- Ihre Satzung enthält eine Regelung -> in diesem Fall kann von den 10% abgewichen werden. So kann dort beispielsweise geregelt sein, dass mindestens 1/3 der Mitglieder ein solches Begehren unterstützen müssen.
Im obigen Beispiel haben 10 Mitglieder die außerordentliche Mitgliederversammlung gefordert. Die Satzung des Vereins regelt, wie sich herausstellte, nichts zum Minderheitenbegehren. Der Verein hatte am Tag, an dem das Mitgliederbegehren dem Vorstand zugeleitet wurde, 80 Mitglieder.
In diesem Fall gilt die gesetzliche 10-Prozent-Regelung. Es hätten 8 Personen ausgereicht, um die außerordentliche Mitgliederversammlung zu erzwingen. Der Vorstand muss diesem Begehren also nachgehen.
Achtung: Berücksichtigt wird übrigens der gesamte Mitgliederbestand. Dazu gehören neben den aktiven Vereinsmitgliedern auch alle sonstigen Mitglieder, die an einer Mitgliederversammlung teilnehmen dürfen. Ein Stimmrecht ist nicht erforderlich! Dies gilt auch für die Ehrenmitglieder!
Tipp:
Die gesetzliche 10-%-Regelung führt dazu, dass es gerade für querulante Mitglieder ziemlich einfach ist, außerordentliche Mitgliederversammlungen einzufordern. Nutzen Sie deshalb die Möglichkeit, mit Hilfe der Satzung die Hürde höher zu setzen.
Eine Grenze bis maximal 50 % ist möglich. Alles darüber hinaus würde die Mitglieder zu stark in ihren Rechten beschneiden, sodass eine entsprechende Satzungsregelung unwirksam wäre und automatisch wieder die 10-Prozent-Grenze gilt.
Bleibt die Frage:
Müssen Sie wirklich eine außerordentliche Mitgliederversammlung einberufen, wenn die Mindestzahl von Mitglieder erreicht ist, die für ein entsprechendes Begehren erforderlich ist?
Klare Antwort: Ja! Es sei denn, die Mitglieder ziehen den Antrag noch vor dem Termin zurück. Sie können also immer noch versuchen, im Hintergrund Überzeugungsarbeit zu leisten.
Es reicht schon, wenn so viele Mitglieder ihre Unterstützung zurückziehen, dass die Quote von 10% oder diejenige, die in Ihrer Satzung genannt wird, nicht mehr erreicht wird!