Außerordentliche Mitgliederversammlung – Gründe & Besonderheiten
Als Vereinsvorstand sind Sie für vieles zuständig und müssen sich zum Thema Vereinsrecht auskennen. Zu einer Ihrer Aufgaben gehört auch die Einberufung einer außerordentlichen Mitgliederversammlung.
Dabei müssen jedoch einige Faktoren in Betracht gezogen werden. Damit Sie keinen Punkt übersehen, haben wir für Sie die wichtigsten Informationen zusammengefasst. Erfahren Sie in diesem Beitrag, welche Gründe es für die Einberufung der außerordentlichen Mitgliederversammlung gibt und wie diese sich von der ordentlichen Mitgliederversammlung unterscheidet.
Was ist eine außerordentliche Mitgliederversammlung?
Eine Mitgliederversammlung kann ordentlich oder außerordentlich sein. Gesetzlich wird nicht zwischen ordentlicher und außerordentlicher Mitgliederversammlung unterschieden, wohl aber in der Praxis – und auch in vielen Vereinssatzungen. Ordentliche Mitgliederversammlungen sind jene, die turnusmäßig – meist einmal jährlich – stattfinden. Jede übrige Sitzung, die in der Satzung nicht terminlich festgelegt ist, wird als außerordentliche Mitgliederversammlung bezeichnet.
Wann müssen Sie eine außerordentlich Mitgliedsversammlung einberufen?
Eine außerordentliche Mitgliederversammlung ist von Ihnen als Vorstand immer dann einzuberufen, wenn das Vereinsinteresse es erfordert (§ 36 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB)) oder wenn eine bestimmte Anzahl von Mitgliedern es verlangt.
Das Vereinsinteresse kann eine außerordentliche Mitgliederversammlung zum Beispiel erforderlich machen, wenn der Verein durch Tod oder Rücktritt von Vereinsmitgliedern nicht mehr handlungsfähig ist oder dringende Beschlüsse gefasst werden müssen, die keinen Aufschub dulden. Eine außerordentliche Mitgliederversammlung kann weiterhin einberufen werden, wenn wichtige Entscheidungen durch die Mitglieder genehmigt werden müssen, wie z.B. die Auflösung des Vereins oder die Fusion mit einem anderen Verein. Weitere Gründe für die Einberufung der Mitgliederversammlung können Änderungen in der Vereinssatzung, die Erhöhung der Mitgliedsbeiträge oder finanzielle Entscheidungen sein.
Eine außerordentliche Mitgliederversammlung müssen Sie auch einberufen, wenn:
- der Antrag schriftlich gestellt wurde;
- der Antrag von der erforderlichen Anzahl der Mitglieder unterschrieben ist;
- der Zweck der Einberufung angegeben wird;
- der Grund für die Einberufung genannt wird;
- der Antrag so erfolgt, dass eine Einladung innerhalb der Ladungsfristen möglich ist.
Welche Rolle spielt die 10% Regelung?

(Quelle: © Milivoj Kuhar / Unsplash)
Außerordentliche Mitgliederversammlung: 10‑%‑Regel und Satzungsvorgaben
Die Einberufung einer außerordentlichen Mitgliederversammlung durch eine bestimmte Anzahl von Mitgliedern richtet sich nach § 37 BGB. Es bestehen zwei Szenarien:
- Ihre Satzung enthält keine Regelung hierzu -> in diesem Fall reicht es, wenn 10 % der Mitglieder den entsprechenden Antrag stellen.
- Ihre Satzung enthält eine Regelung -> in diesem Fall kann von den 10% abgewichen werden. So kann dort beispielsweise geregelt sein, dass mindestens 1/3 der Mitglieder ein solches Begehren unterstützen müssen.
Unsere Redaktion hat folgende Leserfrage erhalten:
„Wir wollen eine Grenze, ab der Mitglieder eine außerordentliche Mitgliederversammlung einfordern können, auf 60 % der Mitglieder festlegen. Ist das möglich?“
Günter Stein, langjähriger Vereinsrechtsexperte:
Nein, das geht nicht. Nach § 37 BGB können bereits 10 % der Mitglieder eine außerordentliche Mitgliederversammlung verlangen. Dieses Minderheitenrecht darf durch die Satzung nicht verschärft werden – eine Quote von 60 % wäre also unzulässig. Zulässig ist nur eine niedrigere Hürde, solange die Rechte der Minderheit gewahrt bleiben, etwa wenn schon 5 % der Mitglieder eine Versammlung beantragen können.
Für die Berechnung ist immer die Mitgliederzahl zum Zeitpunkt des Eingangs des Antrags maßgeblich. Besonderheit: Auch jugendliche Mitglieder dürfen ein Minderheitenbegehren mitunterschreiben, allerdings nur mit Einverständnis der Eltern, sofern ihnen das Stimmrecht zugesprochen wurde.
Wie lädt man zu einer außerordentlichen Mitgliederversammlung ein?
Wenn Sie zur außerordentlichen Mitgliederversammlung einladen, sind Sie als Vorstand an die Satzungsregelungen gebunden – es gelten also dieselben Bestimmungen wie bei der Einladung zur ordentlichen Versammlung. Wenn die Satzung es erlaubt, können die Einladungen auch per E-Mail geschickt werden. Wenn Sie jedoch via E-Mail einladen möchten und in der Satzung bestimmt ist, dass die Einladung per Brief erfolgen soll, muss eine Satzungsänderung erfolgen. Zudem müssen die Tagesordnung, Tagesordnungspunkte sowie die vorgesehenen Fristen beachtet werden.
Weiterführende Informationen zur Tagesordnung bei einer außerordentlichen Mitgliederversammlung erfahren Sie von unserem Vereinsexperten Günter Stein.