Dieses Gerichtsurteil müssen Sie als Vereinsvorstand unbedingt kennen!

Dieses Gerichtsurteil müssen Sie als Vereinsvorstand unbedingt kennen!

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Immer wieder ein Thema ist die Frage: „Wie viel Prozent der Mitglieder können vom Vorstand das Einberufen einer außerordentlichen Mitgliederversammlung verlangen – und muss der Vorstand diesem Begehren dann auch folgen?“ Klarer Fall: Es geht um das so genannte Minderheitenbegehren.

Hierzu gibt es jetzt ein aktuelles Urteil. Das dreht sich um die Frage: Wie viele Mitglieder sind eigentlich erforderlich, um ein solches Begehren durchzusetzen? Die Antwort liefert § 37 des Bürgerlichen Gesetzbuches (BGB). Hier ist geregelt, dass die Einberufung dann zu erfolgen hat, wenn dies von dem in der Satzung bestimmten Teil der Mitglieder verlangt wird. Das bedeutet: Um die erforderliche Anzahl von Mitgliedern zu ermitteln, die eine solche Versammlung einberufen können, müssen Sie zunächst einen Blick in Ihre Satzung werfen. Enthält diese aber – was relativ häufig der Fall ist – keine Regelungen dazu, müssen zehn Prozent der Mitglieder (unter Angabe des Zwecks und der Gründe) verlangen, dass eine Mitgliederversammlung einberufen wird.

Das Oberlandesgericht (OLG) Celle hat sich nun mit der Frage beschäftigt, ob diese gesetzliche 10-Prozent-Quote in der Satzung auch unter- oder überschritten werden darf. Klare Antwort: Ja. Sie können also auch regeln, dass zum Beispiel nur 5 Prozent oder auch 25 Prozent der Mitglieder erforderlich sind, um ein solches Begehren durchzusetzen. Die Grenze des Minderheitenschutzes unterliegt nach Auffassung der OLG-Richter grundsätzlich der Satzungsregelung – und damit der Entscheidung der Mitgliederversammlung.

Aber:

Die Richter legen sich auch bei der Obergrenze fest und sagen: “Die erforderliche Mitgliederzahl darf nicht auf die Hälfte oder mehr festgesetzt werden.” (Beschluss vom 20.12.2010, Az: 20 W 17/10.) Im Klartext: bei 49 Prozent der Mitglieder wäre Schluss.

Achtung:

Die Rede ist – auch im Gesetz – ausdrücklich von „Mitgliedern“, nicht von „Mitgliederstimmen“. Mehrfachstimmen, wie sie gelegentlich Ehrenmitgliedern gewährt werden, bleiben also außen vor.

Tipp:

Ein Unterschreiten der Zehn-Prozent-Grenze halte ich nicht für sinnvoll, da gerade bei kleineren Vereinen dann wenige Mitglieder den Verein ständig zu einer außerordentlichen Mitgliederversammlung zwingen können.

Übrigens:

Es ist aber auch möglich, die Einberufungsgrenze auf eine bestimmte Anzahl von Mitgliedern festzulegen. Doch auch das kann ich Ihnen nicht empfehlen! Warum? Das folgende Beispiel zeigt es:

Angenommen, Ihr Verein hat 50 Mitglieder und die Satzung sieht vor, dass mindestens zehn Mitglieder erforderlich sind, um eine außerordentliche Mitgliederversammlung einberufen zu können. Das wären dann 20 Prozent der Mitglieder und damit ein Wert innerhalb der erlaubten Grenzen.

Doch nun passiert Folgendes:

Durch Streit sinkt die Zahl der Mitglieder auf 14. Die Satzung wurde nicht geändert. Das bedeutet: Laut Satzung sind immer noch zehn Mitglieder (also über 70 Prozent) erforderlich, um eine außerordentliche Versammlung einzuberufen.

Die Folge: Die Satzungsregelung ist ungültig und wird automatisch durch die gesetzliche Zehn-Prozent- Regelung ersetzt. Damit reicht nur ein Mitglied, um eine außerordentliche Sitzung zu erzwingen!

Aber auch andersherum kann eine solche Regelung Schwierigkeiten bereiten. Denken Sie nur an dieses Beispiel:

Die Ausgangslage ist die gleiche wie eben. Doch nun schrumpft der Verein nicht, er wächst vielmehr im Laufe der Zeit auf stolze 300 Mitglieder an. Laut Satzung reichen aber immer noch zehn Mitglieder, um eine außerordentliche Mitgliederversammlung einzuberufen. Das heißt, die Grenze liegt jetzt bei etwas über drei Prozent. Damit kann sich ein Verein schnell selber lahmlegen!



Deshalb:


Haben Sie eine solche unvorteilhafte Regelung in Ihrer Satzung, sollten Sie überlegen, diese im Rahmen der nächsten Jahreshauptversammlung entsprechend zu ändern.

Bleibt die Frage:

Müssen Sie als Vorstand auf so ein Begehren reagieren?

Ja, auf ein solches Einberufungsverfahren müssen Sie eingehen. Auch wenn es Ihnen möglicherweise nicht passt. Tun Sie es nicht, können die Mitglieder über das Amtsgericht die Einberufung so oder so erzwingen.

Wichtig:

Das Einberufungsverlangen muss schriftlich gestellt werden. Auch das regelt § 37 im BGB. Deshalb muss auch jedes einzelne Mitglied, das dieses Verlangen unterstützt, den Antrag eigenhändig unterzeichnen (§ 126 BGB). Allerdings muss sich hieraus klar ergeben, wer den Antrag stellt. Das heißt: Sie müssen eindeutig erkennen können, dass es sich tatsächlich um Vereinsmitglieder handelt.

Und nicht vergessen:

Aus dem Antrag müssen sich Grund und Zweck ergeben – und vor allem eine plausible Erklärung dafür, warum die Angelegenheit keinen Aufschub bis zur nächsten ordentlichen Mitgliederversammlung duldet.

Nicht immer muss eine Abstimmung der Grund für eine außerordentliche Versammlung sein

Mit jeder außerordentlichen Mitgliederversammlung muss also ein ganz konkret benannter Zweck verfolgt werden!

Das heißt aber nicht, dass damit auch eine Beschlussfassung verbunden sein muss – obwohl dieser Irrglaube immer noch weit verbreitet ist. Es reicht aus, wenn die Mitglieder eine Aussprache, eine Diskussion oder auch nur eine Information über ein Vereinsthema wünschen, bevor Fristen ablaufen oder Fakten geschaffen werden, die nicht mehr oder nur noch schwer wieder beseitigt werden können.

Tipp: Der Antrag kann auch zurückgezogen werden

Gelegentlich kommt es vor, dass sich der Grund für die Einberufung einer Mitgliederversammlung von selbst erledigt.

Beispiel:

Die Mitglieder haben eine außerordentliche Mitgliederversammlung verlangt, weil ein Übungsleiter wiederholt alkoholisiert zum Training der Kindergruppe erschienen ist, der Vorstand bislang aber nicht reagiert hat. Noch vor der außerordentlichen  Mitgliederversammlung hat der Übungsleiter von sich aus „hingeschmissen“. Die Mitglieder ziehen den Antrag zurück.

Achtung! Das bedeutet auch:

Der Antrag auf Einberufung einer Mitgliederversammlung ist für keines der Mitglieder, die den Antrag unterstützen, bindend! Eine Antragsrücknahme ist also jederzeit zulässig.

Beispiel:

Für den Antrag auf Einberufung waren 38 Stimmen erforderlich. 42 Mitglieder haben unterschrieben. Doch noch vor der Einberufung ziehen fünf Mitglieder ihre Stimme zurück. Damit kann der Vorstand bzw. das Einberufungsorgan den Antrag aus formalen Gründen zurückweisen.

Wichtig:

Erfolgt eine Rücknahme nach der Einberufung der außerordentlichen Mitgliederversammlung, kann sie trotzdem stattfinden (sie muss es aber nicht). Die getroffenen Beschlüsse einer solchen Mitgliederversammlung sind uneingeschränkt wirksam.

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